Wissenschaftliche Studie: Die Entstehung von Liebesbeziehungen online

Im letzten Jahrzehnt sind von verschiedenen Gruppen und Institutionen Untersuchungen zur Partnersuche im Internet durchgeführt worden. Diese Untersuchungen und Studien beziehen sich meist auf Dating-Portale im Stil von Parship, vielleicht, weil sich diese zur Auswertung besser eignen als beispielsweise ein Chat. Als Beispiel eines wissenschaftlichen Ansatzes soll hier die Studie des soziologischen Instituts der Universität Zürich (2002) vorgestellt werden, gerade auch, weil es sich um eine Schweizer Universität handelt. Das untersuchte Portal war Partnerwinner.ch.

Die Studie wurde mit Hilfe einer repräsentativen Webumfrage durchgeführt. Laut der Webseite dazu lauteten die Orientierungsthesen folgendermassen:

(1) Internet ist eine neue, jedoch gleichberechtigte Institution der Partnersuche;
(2) Virtuell entstandene Bindungen sind genuine soziale Beziehungen;
(3) Besondere Natur der Online-Beziehungen -Die „anderen“ Augen sehen von innen nach aussen;
(4) PartnerWinner ist ein idealtypischer Partnersuchmarkt;
(5) Die Auswirkung des Internet auf Paarbildung ist eher egalisierend als elitenbildend;
(6) Frauen sind erfolgreicher mit ihrer Beziehungssuche im Internet als Männer.

Die Hauptthese (die laut eigenen Angaben des SUZ bestätigt wurde) lautete:

„Der Cyberspace gewinnt zunehmend an Bedeutung als ein Ort, wo man seinen Partner fürs Leben mit immer grösserer Wahrscheinlichkeit findet“

Die Vorstellung der Gesamtergebnisse würde den Umfang dieses Eintrags sprengen. Daher hier einige ausgewählte Ergebnisse:

17.1% der befragten User waren der Meinung, dass das Internet der wahrscheinlichste Ort ist, ‚wo man seinen Partner finden kann‘ (nach dem Arbeitsplatz mit 17.4%).

Die „Erfolgsquote“ der befragten Nutzerinnenn und Nutzer von Partnerwinner beim Aufbau einer „festen Liebesbeziehung“ betrug 23%. Die Hälfte davon (12%) waren zum Zeitpunkt der Befragung immer noch intakt. Es wurde aber vermutet, dass die Dunkelziffer noch um einiges höher war, da einige erfolgreiche Partneruchende sich womöglich einfach abmeldeten und nicht mehr motiviert waren, sich befragen zu lassen.

Beim Nutzerprofil stellte sich eine Ungleichheit der Geschlechter heraus: „Männer waren beispielsweise zu 77% kinderlos und besassen den Vorteil einer höheren Bildung und eines höheren Einkommens als Frauen, dafür waren Frauen in ihrem Alltag weniger durch ihre Erwerbstätigkeit belastet (25% der Männer berichteten, über 100% zu arbeiten gegenüber nur 12% der Frauen).“ (Entnommen der Resultate-Seite zur Studie).

Erwähnte Vorteile dieser Art der Partnersuche waren zu 75% die Anonymität, weniger Hemmungen mit 50% und die Möglichkeit zu unverbindlichen Kontakten mit 47%. Als Nachteil empfunden wurde die Tatsache, dass man „alles schreiben kann“ (70%), „den anderen nicht sieht oder spürt“ (36%) und dass es nicht möglich ist, sich ein Bild des anderen zu machen (25%).

Laut der Studie sind Grenzen zwischen Realität und Cyberspace im Hinblick auf die ‚Echtheit‘ der Beziehungen nicht zu ziehen. „Es hat sich eindeutig bestätigt, dass im Internet aufgebaute Beziehungen so echt wie herkömmliche Beziehungen sind, da sie ihre anfänglich rein „virtuelle“ Natur ziemlich schnell hinter sich lassen, um ein unentbehrlicher Teil des realen Lebens zu werden“ (entnommen der Resultate-Seite)

Auch die „Identitätskonstruktion“ durch selbst erstellbare Online-Profile wurde reflektiert. Trotz dieser Möglichkeit für Nutzer, sich selbst online als möglichen Traumpartner darzustellen, kam die Studie zum Schluss, dass die Entfernung vom „wahren Selbst“ nur selten sehr gross sei, da die Tendenz bestehe, Online-Beziehungen so rasch wie möglich ins reale Leben zu übertragen. Dadurch würde eine unechte Identität schnell entlarvt werden.

 

Eine Antwort to “Wissenschaftliche Studie: Die Entstehung von Liebesbeziehungen online”

  1. Caroline Says:

    Dass der Cyberspace immer mehr an Bedeutung gewinnt, um einen „Partner fürs Leben mit immer grösserer Wahrscheinlichkeit“ zu finden, liegt in Anbetracht der immer stärker zunehmenden Nutzung des Internets und seiner Dienste eigentlich auf der Hand. Es erstaunt mich aber doch, dass das Internet nach dem Arbeitsplatz der wahrscheinlichste Ort ist, um einen Partner zu finden. Warum ist es heute im Vergleich zu früher so schwer, „draussen in der Welt“ einen Partner zu finden? Warum gibt es immer mehr unfreiwillige Singles, die anscheinend keinen Partner finden?

    Interessant ist für mich der Aspekt, dass Frauen mit ihrer Beziehungssuche im Internet anscheinend erfolgreicher sind als Männer. Woran liegt das? Gibt es da genauere Angaben dazu?

    Die Vorteile der Partnersuche wie Anonymität, weniger Hemmungen und die Möglichkeit zu unverbindlichen Kontakten kommen vielen Menschen sicher entgegen. Sie braucht im Vergleich zur reellen Kontaktaufnahme weniger Mut, auf einen Menschen zuzugehen.
    Vor allem die als Nachteil empfundenen Tatsachen, den anderen nicht zu sehen oder zu spüren und sich kein Bild des anderen machen zu können, sprechen wohl die fehlende Romantik an.

    Da eine Online-Beziehung von unfreiwilligen Singles in der Regel so rasch wie möglich ins reale Leben übertragen werden möchte, wird wohl die Möglichkeit, sich selbst online als möglichen Traumpartner darzustellen, selten genutzt, da man ja bei einer realen Gegenüberstellung entlarvt würde und der Wunsch nach einem Beziehungspartner so wieder in weite Ferne rückt.

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